Wir müssen uns trauen, uns gegen Ungerechtigkeiten zu wehren.
(© Beat Jan)
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Es waren einmal vor vielen Jahren zwei Mädchen, die sich sehr mochten. Lena, ein schüchternes kluges Mädchen und Erika, ihre Cousine. Sie kennen sich seit immer. Nicht nur, weil Erikas Mutter die Schwester von Lena's Vater ist, auch weil sie fast nebeneinander wohnen und viel gemeinsam unternehmen.
In der Freizeit hüten sie zum Beispiel die kleineren Kinder der Nachbarn und spielen mit ihnen. Oder sie hören Musik und lesen die Bravo unter der Bettdecke mit einer Taschenlampe, wenn Lena bei Erika übernachtet.
Ihr Schulweg ist nicht lang, da sie mitten in einem kleinen Dorf wohnen. Ab und zu machen sie einen Umweg, damit sie noch länger quatschen können.
Erika schminkt sich schon ein bissen und geht auch so in die Schule. Das war damals unüblich. Alle gucken, aber ihr ist es egal. Lena findet das cool. Sie findet eh alles cool, was Erika macht. Sie ist fröhlich und offen. Nicht so schüchtern wie sie selbst. Lena geht am nächsten Tag hinter die Schminksachen ihrer Mutter und malt die Lippen ein bisschen rot und über den Augen etwas blau und geht damit zur Schule.
Daniela sieht sie als erste und meint in abwertendem Ton: "Ach, hast dich jetzt auch geschminkt. Sieht ja echt Kacke aus." Lena wird sofort unsicher und geht zur Toilette um in den Spiegel zu schauen. Da kommt Erika fröhlich zur Türe herein und sieht wie Lena dem Heulen nahe ist:
"Daniela?" fragt sie nur. Lena nickt.
Daniela hackt ziemlich häufig auf Lena herum. Immer wieder macht sie ihr etwas kaputt, nimmt ihr Sachen weg und sagt ihr abwertende Sachen wie: "du stinkst" oder "deine Hose sitzt nicht", "du bist dumm"...
Lena fühlt dann einen Schmerz in ihrem Herzen. Es tut weh, sie fühlt sich klein und minderwertig. Dann geht sie sich irgendwo verstecken und wartet bis es besser wird. Erzählt hat sie es bisher niemandem. Nur Erika weiss, was los ist, weil sie die beiden einmal beobachtet hat und mitgehört hat, was Daniela sagt.
"Was ist denn passiert", fragt Erika.
Lena zeigt auf ihre Lippen und die Augen. Es sehe Kacke aus.
"Es sieht sehr hübsch aus", tröstet Erika. "Weisst du, was ich glaube, genau das macht sie wütend. Du siehst hübsch aus, du bist gut in der Schule, du kommst mit den Jungs gut aus. Darauf ist sie eifersüchtig.
Wir gehen jetzt zum Lehrer und sagen ihm, was die immer macht. Gestern das Loch im neuen Schuh, letzte Woche die Stifte geklaut, vorletzte Woche die Tasche in den Mülleimer geworfen...., jetzt reichts."
"Wollen wir nicht besser warten. Vielleicht wird es danach nur noch schlimmer", meint Lena zaghaft.
"Nein, jetzt warten wir keine Sekunde länger. Jetzt nehmen wir beide allen Mut zusammen und gehen da einfach hoch zum Klassenlehrer. Wir haben schon viel zu lange gewartet."
Erika nimmt Lena an der Hand und zieht sie mit sich. Auch Erikas Herz klopft stärker. Aber, als Lena wieder umkehren will, hält sie ihre Hand ganz fest und klopft sofort an die Türe des Lehrers. Sie werden herein gebeten und Erika erzählt, dass Lena immer wieder gehänselt wird von Daniela. Und langsam beginnt Lena sich zu öffnen und erzählt auch, und zwar alles.
Der Lehrer hört geduldig zu, stellt ab und zu eine Frage und sucht sich dann, als die beiden fertig erzählt haben, die Adresse von Danielas Eltern heraus.
Lena sitzt still auf ihrem Stuhl. Ihr ist nicht wohl bei der Sache. Sie mag eigentlich solche Situationen nicht. Lieber weglaufen. Der Lehrer ruft gleich die Eltern an und vereinbart einen Termin für ein Gespräch. Danach widmet er sich wieder den Mädchen und sagt ihnen: "Das habt ihr gut gemacht, dass ihr mir davon erzählt habt. Ich werde der Sache nachgehen und danach schauen wir, ob es bessert."
Die Mädchen verlassen das Schulhaus erleichtert.
Lena hat Mut gefasst. Das Reden mit dem Lehrer hat ihr gut getan. Als Daniela am anderen Tag eine blöde Bemerkung machen will, winkt sie ab und sagt selbstbewusst: "Ich finde dein Nörgeln macht dich hässlich".
Damit hat Daniela nicht gerechnet. Normalerweise sagt Lena gar nichts. Vorerst macht sie kehrt und lässt Lena in Ruhe. Man sieht ihr aber an, dass sie Möglichkeiten sucht, um ihr weiterhin Böses zu tun.
Doch dazu kommt es nicht mehr. Der Lehrer hat in der Zwischenzeit mit den Eltern von Daniela gesprochen und diese wiederum haben mit Daniela gesprochen.
Lena kann sich endlich wieder ohne Angst auf dem Schulhof bewegen. Es gibt ab und an noch kleine Sticheleien, aber Lena hat sich vorbereitet. Zusammen mit einer Schulpsychologin hat sie sich verbale Mittel angeeignet, um sich wehren zu können. Sie möchte ab sofort und für immer nicht mehr das Opfer von solchen Menschen sein, denn die suchen sich immer jemanden aus, der sich nicht getraut, sich zu wehren.
(© geschrieben von Monika Minder, 5. Juni 2019)
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