Der Prinz und sein Hofmeister
Eine schöne Geschichte, sowie andere spannende Fabeln von dem deutschen
Schriftsteller Gottlieb Konrad Pfeffel.
Der Prinz und sein Hofmeister
Im kühlen Park sass Prinz Porphyr
Mit seinem Mentor einst nach Tische
Und gähnte recht nach Standsgebühr;
Als aus dem duftenden Gebüsch
Das Lied der Nachtigall erscholl.
Itzt wacht er auf. Entzückungsvoll
Beschleichet er die dunkeln Hecken,
Um hinterrücks das arme Tier
Zu haschen und es einzustecken.
Es ist sultanische Manier
Mit andrer Freiheit so zu spassen,
Doch diesmal musste sich Porphyr
Den Appetit vergehen lassen.
Sein erster Schritt verriet ihn schon
Und der geschreckte Vogel machte
Mit schnellen Schwingen sich davon.
Die Hoheit stampft und wandert sachte
Dem Mentor zu. Der Mentor lachte;
Beschämt fragt ihn der Königssohn,
Der wohl des Tags auch einmal dachte:
Wie kömmts', dass man in unserm Schloss
Nicht eine Philomele findet;
Indes ein ungeheurer Tross
Von Spatzen uns die Ohren schindet?
Mein Prinz! dies ist der Höfe Lauf,
Versetzt der Mann; wie Fliegenschwärme
Drängt sich das Heer der Toren auf:
Doch das Verdienst lebt fern vom Lärme.
Verscheucht und gleichsam auf der Flucht,
Nur der entdeckt es, der es sucht.
(Gottlieb Konrad Pfeffel, 1736-1809, deutscher Schriftsteller)
Quelle: Gottlieb Konrad Pfeffel: Biographie eines Pudels und
andere Satiren & Fabeln, Langewiesche-Brandt Verlag, 1987.
Das Schaf
Ein Fleischer riss ein Lamm im Schlaf
vom Euter seiner frommen Amme:
"Grausamer, ächzt das bange Schaf,
Stoss, ungetrennt von meinem Lamme
Auch mir dein Messer in das Herz!"
Nein, rief der Mann mit bitterm Scherz,
Ich muss dich erst noch fetter machen.
"Du mich?" erwiedert, mit dem Schmerz
Der Niobe, die arme Mutter:
"Das wirst du nicht." Von nun an ass
Sie keinen Halm von ihrem Futter
Und trank nicht mehr. Der Fleischer sahs
Und trieb sie schon am vierten Tage
Zur Würgbank: lieber schlacht ich dich,
Als dass ich dich zum Schinder trage,
Sprach er. "Da siehst du's, Wüterich;
Versetzt das Schaf mit heitrer Seele,
Es ist auf Erden kein Tyrann
So mächtig, dass er dem befehle,
Der sterben will und sterben kann."
(Gottlieb Konrad Pfeffel, 1736-1809, deutscher Schriftsteler)
Aus: Fabeln und Erzählungen, 3. Teil, erstes Buch.
Der Koch
In eines Königs Küchenrathe
War Veit bestallter Grossvezier,
Und nach dem Grossalmosenier
John Fallstafs treustes Bild im Staate;
Doch gieng er in des Fürsten Gunst
Ihm vor; denn in der seltnen Kunst,
Die wälschen Hähne fett zu mästen,
Glich kein Genie dem dicken Veit
Im ganzen Reich der Wirklichkeit;
Und bey dem Herrn und seinen Gästen
Galt ein gebratner welscher Hahn
Mehr als sein bester Unterthan.
Er füllte stets, dies war die Regel
Des Hofs, wie der Monarch der Kegel,
Das Centrum auf der Tafel aus.
Bey einem frohen Gallaschmaus,
Da Veits Talente Wunder schufen,
Liess bey dem siebenten Pokal
Der frohe Fürst ihn vor sich rufen.
Erst drängt ein Bauch sich in den Saal,
Und nach und nach die mindre Hälfte
Des Thaumaturgs; ein Pudelkopf,
So führt ihn weiland Carl der Zwölfte
Im Holzstich, formt des Thurmes Knopf.
Begehre von mir eine Gnade,
Sprach der Monarch, getreuer Veit;
Die ganze Welt erfahre heut,
Wie ich der Pflicht der Dankbarkeit
Mich gegen das Verdienst entlade.
Begehre, was du willst. Der Koch
Bückt sich und schweigt. So rede doch,
Rief der Trajan. Kein Glück auf Erden,
Herr König, zeigt mir grössern Lohn,
Als Esel oder Narr zu werden
Bey eurer heiligen Person.
Der König lacht; die Schranzen sperren
Den Mund auf. Lacht, so viel ihr wollt,
Schrie Veit; der Hofnarr sitzt im Gold,
Die Esel werden grosse Herren.
(Gottlieb Konrad Pfeffel, 1736-1809, deutscher Schriftsteler)
Aus: Fabeln und Erzählungen, 1. Teil, erstes Buch.
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