Der kleine Nimmersatt
Schönes und amusantes Weihnachtsgedicht für Kinder, sowie weitere
besinnlichen Gedichte von Heinrich Seidel.
Der kleine Nimmersatt
Ich wünsche mir ein Schaukelpferd,
’ne Festung und Soldaten
und eine Rüstung und ein Schwert,
Wie sie die Ritter hatten.
Drei Märchenbücher wünsch’ ich mir
Und Farbe auch zum Malen
und Bilderbogen und Papier
Und Gold- und Silberschalen.
Ein Domino, ein Lottospiel,
Ein Kasperletheater,
Auch einen neuen Pinselstiel
Vergiss nicht, lieber Vater!
Ein Zelt und sechs Kanonen dann
Und einen neuen Wagen
Und ein Geschirr mit Schellen dran,
Beim Pferdespiel zu tragen.
Ein Perspektiv, ein Zootrop,
’ne magische Laterne,
Ein Brennglas, ein Kaleidoskop -
Dies alles hätt’ ich gerne.
Mir fehlt - ihr wisst es sicherlich -
Gar sehr ein neuer Schlitten,
Und auch um Schlittschuh’ möchte ich
Noch ganz besonders bitten.
Um weisse Tiere auch von Holz
Und farbige von Pappe,
Um einen Helm mit Federn stolz
Und eine Flechtemappe.
Auch einen grossen Tannenbaum,
Dran hundert Lichter glänzen,
Mit Marzipan und Zuckerschaum
Und Schokoladenkränzen.
Doch dünkt dies alles euch zu viel,
Und wollt ihr daraus wählen,
So könnte wohl der Pinselstiel
Und auch die Mappe fehlen.
Als Hänschen so gesprochen hat,
Sieht man die Eltern lachen:
"Was willst du, kleiner Nimmersatt,
Mit all den vielen Sachen?
Wer so viel wünscht" - der Vater spricht’s -
"Bekommt auch nicht ein Achtel -
Der kriegt ein ganz klein wenig Nichts
In einer Dreierschachtel."
(Heinrich Seidel 1842-1906, deutscher Schriftsteller)
Glockenspiel
Die Glocken waren mir ein Heiligthum.
Sie hingen in dem alten Glockenstuhl
Von graubemoostem Holz. Ich pochte dran
geheimen Schauers voll mit spitzem Knöchel
Und horchte, wie ein schwingend leiser Ton
Um die metallne Rundung lief und wünschte,
Und wünschte brennend als das Höchste mir,
Dass einst im Lauf der Zeiten käm' ein Tag
Da ich sie läuten dürfte und auch könnte
Wie unser Küster, der ihr Meister war,
Doch glaubt' ich kaum, so Hohes zu erreichen.
Wie oft am Sonntag sah ich still ihm zu,
Wenn er zur Kirche beierte voll Kunst:
Mit hellem Doppelschlag die eine - dumpf
Dazwischen schlug die andre ihren Takt
Anschwellen liess er bald der Töne Fluth
Und bald ersterben wieder. meisterlich. -
Die Glockentöne schwammen hin in's Land
Und zogen wie an Fäden nun herbei
Auf schmalen Wegen her durch Korn und Wiesen
Die Menschen fern und nah im weiten Rund,
Gar hohe Wirkung, war's und edle Kunst,
So däuchte mir, und werth, danach zu streben,
Und ging zur Mutter, bettelt' mir zwei Glöckchen
Vom Schlittenputz - hing sie an Fäden auf
Und spielte "Läuten" froh und stillvergnügt.
An eine andre Glocke hab' seitdem
Ich schüchtern mit dem Finger angepocht,
Und wünschte brennend als das Höchste mir,
Dass einst im Lauf der Zeiten käm' ein Tag,
Wo ich sie läuten dürfte und auch könnte, -
Doch sehr vermessen war wohl dieser Wunsch,
Denn gar gewaltig ist die mächt'ge Glocke
Und nur ein starker auserwählter Arm,
Ein gottgesegneter vermag die Kunst,
Dass rings mit Schauer der gewalt'ge Laut
Die Herzen füllt und mit Bewunderung.
Mir blieb, wie einst, mein kleines Glöckchen nur
Und stillvergnügt, wie einstmals, spiel ich "Läuten!"
(Heinrich Seidel 1842-1906, deutscher Schriftsteller)
Das Schwesterchen
Mein Gretchen ist so kugelrund
Und hat ein stumpfes Näschen
Und einen roten Kirschenmund
Und läuft als wie ein Häschen.
Und Locken hat es seidengleich
Und einen weissen Nacken
Und kleine Hände sammetweich
Und apfelrote Backen.
Nun lauf hinaus ins grüne Gras,
Du kleine, liebe Grete,
Doch fall mir nicht ins Regenfass
Und tritt nicht auf die Beete.
Und patsche mir ins Nasse nicht
Mit deinen kleinen Füssen,
Und wenn du Nachbars Katze siehst,
So sag, ich lass sie grüssen!
(Heinrich Seidel 1842-1906, deutscher Schriftsteller)
Am Abend
Sinkt der Tag in Abendgluthen,
Schwimmt das Thal in Nebelfluthen.
Heimlich aus der Himmelsferne
Blinken schon die goldnen Sterne.
Flieg' zum Nest und schwimm' zum Hafen!
Gute Nacht, die Welt will schlafen!
(Heinrich Seidel 1842-1906, deutscher Schriftsteller)
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